Die Gemälde nach Räumen IIIKabinett, Observatorium und Laboratorium
Das Kabinett
Der als Porzellanmaler ausgebildete Pierre-Auguste Renoir, der in seiner Jugend Geld mit dem Bemalen von Fächern verdiente, studierte als ein-ziger Impressionist zumindest zwei Jahre an der École des Beaux-Arts (April 1862–1864). Ab 1861 vertiefte er im Atelier von Charles Gleyre seine Ausbildung, wo er Claude Monet, mit dem ihm eine lebenslange Freund-schaft verband, kennenlernte. Vor allem während der 1860er Jahre orientierte sich Renoir, inspiriert durch den Mitschüler Claude Monet, am Realismus von Edouard Manet, sowie Gustave Courbet's und schuf großformatige, mythologische Akte wie „Jagende Diana“ (1867), Porträts und Blumenstillleben. Ab 1862 schulte er sich gemeinsam mit Frédéric Bazille, Alfred Sisley und Monet im Wald von Fontainebleau, wo er auf Anraten von Narcisse Diaz das dunkle Asphalt-Schwarz aus seiner Palette eliminierte. Sein Salon-Debut gab der 24-jährige Maler mit dem verlorenen Bild der vor einem Feuer tanzenden Esmeralda nach Victor Hugos „Glöckner von Notre Dame“.
Stilistisch wandelte sich Renoir von einem Miterfinder des Impressionismus und einem Hauptvertreter dieser Richtung (1869–1878) zu einem Anhänger des Klassizismus nach Jean-Baptiste-Auguste Ingres und Raffael. Einige der Hauptwerke dieser Periode sind „Der Zopf“ (um 1886/87), für den Suzanne Valadon (eine Maler-Kollegin) Modell stand, das „Frühstück der Ruderer“, aber auch die Trilogie: „Tanz auf dem Lande“, „Tanz in Bougival“ und „Tanz in der Stadt“. Das 3. Bild dieses Zyklus ziert unser Kabinett.
Im Gegensatz zu Manets, Degas‘ oder Caillebottes beziehungslosen (oder auch belasteten) Personen, sind die Figuren in Renoirs Bildern glückliche Existenzen unterschiedlichster sozialer Herkunft, die sich umeinander kümmern. Wie Guillermo Solana im Katalog Renoir: Intimacy formuliert, sind Renoirs Figuren besonders empathisch. Um diesen Effekt hervorzurufen, setzte der Maler häufig Blickachsen und Körperkontakte (Berührungen) ein.
Die in diesen Jahren entstandenen drei groß - formatigen Tanz-Bilder bestätigen diese Beobachtung: „Tanz auf dem Land“, „Tanz in Bougival“ und „Tanz in der Stadt“ (1882/83) zeigen, bei aller Unterschiedlich-keit, individuelle Figuren, die in ihrer Körperlichkeit stark herausgearbeitet wurden und vitale Lebensfreude symbolisieren.
Das Observatorium
Claude Monet mietete 1883 das Haus in Giverny, welches er dann 7 Jahre später käuflich erwarb und in dessen Umgebung er in den Folgejahren seinen berühmten Garten (unter anderem mit der japanischen Brücke und dem Seerosenteich) anlegte.
Er zog dort mit seinen beiden Söhnen, sowie Alice Hoschedé (der noch Ehefrau seines mittlerweile in Konkurs geraten Mäzens) und deren 6 Kindern ein.
Monet nutze häufig die Figuren aus den Familien seiner Stieftöchter, wenn er mit seiner Kunst die Verschmel-zung der Natur und menschlicher Musestunden darstellen wollte.
Hier sind es Germaine, Suzanne and Blanche Hoschedé, die in einem sogenannten "Norweger" fahren, einem in der damaligen Zeit in Frankreich gerade sehr populären hölzernen Ruderboot.
Giverny liegt am Ostrand des normannischen Départe-ments Eure am Zusammenfluss von Seine und Epte,
Auf letzterer findet die Bootspartie statt.
Das jüngste Mädchen steht im Boot um zu fischen, während ihre beiden älteren Schwestern sich im Boot sitzend entspannen. Blanche hält ebenfalls eine Angelrute ins Wasser.
Inspiriert zu dieser ungewöhnlichen Bildkomposition, in welcher er bewusst sowohl auf den Himmel, wie auch auf die Erde als Bezugspunkte verzichtet, wurde Monet vermutlich durch einen japanischen Farbholzschnitt.
So bezeichnet man eine bestimmte Art von Druckgrafik, die in Japan in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden ist und deren Traditionen bis heute mit wenigen Ausnahmen ausschließlich von japanischen Künstlern ununterbrochen fortgeführt werden.
Monet hat sich mit dieser Kunstform beschäftigt und selbst einige japanische Arbeiten besessen.
Kennzeichnend für den klassischen japanischen Farb-holzschnitt ist das Fehlen von Licht- und Schatten- Effekten. Gegenstände und Personen werden mit klaren, flüssigen Linien gezeichnet, Flächen sind farbig gefüllt oder leer gelassen und Formen sind häufig stilisiert. Ziel der Darstellung ist, wie in der gesamten klassischen chinesischen und japanischen Malerei, nicht die naturgetreue Wiedergabe eines Sujets, sondern die Darstellung seines Wesens, seines Charakters. Der Künstler deutet nur an, das Bild selbst setzt sich erst
im Kopf des Betrachters zusammen.
Ein weiteres Merkmal der Farbholzschnitte (und der Malerei) ist das Fehlen einer Perspektive bzw. das Fehlen eines eindeutigen Bildmittelpunktes. Die Illusion der räumlichen Tiefe wird durch sich überlagernde, aus dem Bild herausreichende Gegenstände und durch neben- bzw. hintereinander gestellte Szenen erzielt.
Das Laboratorium
Claude Monet’s Seerosen - Bilder gehören zu den meist gefeiertsten und ikonogra-phischsten impressionistischsten Bilder überhaupt. Mit ihrem starken Einfluss auf die Entwicklung der modernen Malerei markieren sie Monet's bedeutendste künstlerische Leistung.
Des Künstlers berühmter Seerosenteich im Garten von Giverny lieferte ihm die Objekte und Motive für den größten Teil seines künstlerischen Spätwerkes.
Diese Bilder wiederum gelten mittlerweile in der Kunst-wissenschaft als Wegbereiter für die stilistischen Entwicklung, die viele nachfolgende Künstler
gegangen sind.
Monet's Vermächtnis der experimentellen, erforschen-den Malerei kann als Vorläufer der abstrakten Malerei angesehen werden, welche in den Nachkriegsjahren populär wurde.